Thomas Antonietti, 2005 :
Die Karte wurde am 6. August 1903 von Zermatt nach Frankreich geschickt. Sie zeigt als Bildsujet Zermatt und das Matterhorn. Ebenfalls auf der Vorderseite steht die Grussbotschaft des Absenders: „Nous sommes en plein pays de montagnes avec tous les chalets suisses. Hier nous avons fait l’ascension du Gornergratt 3116 mètres par le chemin de fer à crémaillère. Nos meilleures amitiés G. Breton.“ [„Wir befinden uns mitten im Land der Berge und seinen Schweizer Chalets. Gestern haben wir den Gornergratt (3116 Meter) mit der Zahnradbahn bestiegen. Mit den bessten Grüssen, G. Breton.“] Die Rückseite enthält die Adresse von „Mademoiselle M. Rabourdin“ im „Château de la Houssaye“ in Marcilly (Loiret). Diese Karte stammt aus jener Epoche, da die Ansichtskarte ihre grösste Popularität erfuhr (1895-1914). Entscheidend beigetragen zu diesem Erfolg haben ein florierender Tourismus und das neue Verkehrsmittel Eisenbahn, aber auch neue Herstellungs- und Druckverfahren. Ihre Geburtsstunde erlebte die Postkarte um 1870. Anfänglich ausschliesslich für Korrespondenz bestimmt, wurde sie schon bald auch für Werbezwecke verwendet: Handelshäuser, aber auch Hotels begannen, sie mit Reklameaufdrucken und bald auch mit Illustrationen in Form von kleinen Vignetten zu versehen. Ab 1890 nimmt das Bild sukzessiv immer mehr Raum ein, um gegen 1900 dem Text nur mehr ein kleines Feld zu überlassen, wie dies bei unserem Beispiel der Fall ist. Die Rückseite bleibt bis um 1905 ausschliesslich Adresse und Frankatur vorbehalten. Unmissverständlich und dreisprachig steht denn auch auf der Rückseite unserer Karte die von der Union postale universelle erlassene Bestimmung „Côté réservé à l’adresse“. Doch betrachten wir noch einmal die Vorderseite mit der fotografischen Aufnahme. Diese Zeigt im Wesentlichen drei Bildelemente: Das Matterhorn mit der Berglandschaft, das von mächtigen Steinbauten der Hotels Mont-Cervin, Zermatterhof und Monte-Rosa dominierte Dort Zermatt sowie das Trassee der 1898 in Betrieb genommenen Gornergratbahn. Darunter steht gedruckt die Legende „Zermatt und das Matterhorn. Alt. 1620m“. Das Bild verrät so eine wichtige Absicht, die der Ansichtskarte eigen ist: Sie soll nicht nur eine Gruss-, sondern auch eine Werbebotschaft in die Welt hinaustragen. Mit dem Matterhorn bildet diese Karte die Hauptattraktion des Ortes ab, mit Grandhotels und Bahn die wichtigsten touristischen Infrastrukturen der damallgen Zeit. « Carte postale de Zermatt et du Cervin. Ansichtskarte Zermatt und das Matterhorn », in : Pascal Ruedin, Marie Claude Morand (dir.), Montagne, je te hais – Montagne, je t’adore. Voyage au cœur des Alpes, du XVIe siècle à nos jours. Berg, ich hasse dich – Berg, ich liebe dich. Eine Reise mitten durch die Alpen, vom 16. Jahrhundert bis heute, Sion : Musée cantonal des beaux-arts, Musée cantonal d’histoire ; Paris : Somogy, 2005, n° 48, pp. 128-129.